Sonntag, 1. Juni 2008

12 Wochen

12 Wochen ist es nun her, dass mein Bruder Garry gestorben ist. Einfach so. Ohne, dass ich es geahnt hätte und wahrscheinlich auch ohne, dass er es geahnt hat. Seltsam ist es, dass es der Geburtstag meiner Mutter war. Feiern will sie den nun nicht mehr. Kann ich verstehen.

Hinter mir habe ich nun die schlimmsten 12 Wochen meines Lebens und was für Wochen vor mir liegen, das weiß ich nicht. Ganz offensichtlich weiß man nie was kommt. Ich weiß nur, dass in mir ein Baby wohnt, das in den ungefähr 5 Wochen rausgepurzelt kommt. Ich hoffe, es purzelt. Ich finde, das hätte ich mir verdient. Das muss Gott irgendwie alles gut machen.

Was gibt es noch zu sagen über die letzten 12 Wochen? Gar nichts und vieles. Trauer ist ein seltsames Ding. 8 Wochen hat sie mir jede Lebensenergie genommen. Mich gelähmt. Paralysiert. Das geht. Wusste ich vorher nicht, aber es geht. Man kann 8 Wochen auf dem Sofa sitzen und weder weinen, noch reden, noch sich bewegen. Der Körper tut weh. Will nicht mal aufstehen um was zu essen. Einfach da sitzen, versuchen den Tag rumzukriegen und zu hoffen, dass alles besser wird je weiter das tragische Ereignis zurückliegt. Irgendwann stellt man fest, dass der der behauptet hat, dass die Zeit alle Wunden heilt gelogen hat. Stimmt nicht. Die Zeit heilt nichts! Überhaupt nichts. Vielleicht lässt sie irgendwann wieder so eine Art Alltag zu. Vielleicht auch nicht.

Seit 12 Wochen wache ich jeden Morgen mit dem Gedanken auf „Garry ist tot.“ Manchmal ist es ein rein informativer, rationaler Gedanke und manchmal trifft er mein Herz und erschlägt er mich genauso intensiv wie in dem Moment in dem ich er erfahren habe oder in dem Moment, wo ich es meiner Mutter sagen musste (das will man nicht! Das ist so schlimm!). Ich bin völlig aus der Bahn geworfen. Als würde ich es zum ersten Mal hören. Dann bin ich fassungslos und eine Art Panik überkommt mich, weil ich denke, "er sollte doch Onkel werden", "ich wollte ihn doch demnächst besuchen", „ich muss ihm doch noch ein paar Sachen sagen“, "ich hatte noch nicht genug Zeit mit ihm" und „hätte ich doch besser zugehört und zugeschaut, was er sagt, worüber er nachdenkt, wie er sich bewegt“.

Garrys Tod ist das Schlimmste, Traurigste, Einschneidendste und Herausfordernste, was ich je erlebt habe. Ich muss mich damit arrangieren und die Hand Gottes festhalten, die er mir gereicht hat. Aber ich habe festgestellt, dass ich mir nicht einbilden brauche, dass irgendwann alles wie früher wird. Wird es nicht. Mein Bruder ist weg. Tot. Das ist nicht zu ändern. Die Lücke ist da. Die bleibt. Die wird niemand füllen. Aber Jesus ist da und sagt, dass er mich trägt und tröstet mich. In Psalm 30 steht: „Du hast mein Klagelied in einen Freudentanz verwandelt, mir statt des Trauerkleids ein Festgewand gegeben.“ Das will ich.

Seit einigen Wochen versuche ich nun wieder normale Dinge zu tun. Das klappt ganz gut. Manchmal hilft es sogar. Aber immer mal wieder dazwischen gibt es wieder so einen Tag an dem nichts mehr geht. Dann tut mir mein Körper weh und mein Herz und ich kann und will mich nicht bewegen. Vielleicht ist das einfach so. Wahrscheinlich.

Meine Freundin Laura hat gesagt „Trauer ist die einsamste Sache der Welt“. Ein bisschen hat sie recht. Jeder hat seinen eigenen Verlust und muss damit fertig werden. Ich kann meiner Mutter den Schmerz nicht abnehmen und seiner Freundin Grit auch nicht. Sie mir auch nicht. Höchstens unterstützen und einander Geschichten erzählen, das können wir. Leute, die niemanden haben in so einer Zeit tun mir so leid!!! Ein Mann wie meiner ist das Beste, was es gibt. Keine blöden Fragen oder Kommentare und immer da.

Und eben Jesus. Die Zeit heilt keine Wunden. Jesus schon. Ich warte.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh Kim.. hang in there! We are thinking of you !!

Anonym hat gesagt…

i love you, kim. susanne

Jocky hat gesagt…

Danke Kim für dieses Lebenszeichen von dir. Ja, der Tod ist schon eine heftige Sache...

Vielleicht heilt die Zeit keine Wunden. Jesus aber auf jeden Fall. Vor allem hat er sie getragen.

Geri Keller sagt, dass unsere Wunden, unser Leid in den Wundmalen Jesu im Himmel gegenwärtig sind. Tröstet mich sehr. Sie sind nicht vergessen, sondern präsent. Gegenwärtig im Himmel in den Wunden Jesu.

Ich habe vor ein paar Jahren auch schlimme Dinge erlebt. Ich dachte damals alles ist aus. Ich habe alles niedergelegt. Nicht mehr geleitet, nicht mehr gepredigt, nicht mehr für Leute gebetet, nicht mehr prophezeit... Ich dachte, ich bin in 30 Jahren wieder zurück. Und dann auch nur irgendwie normal, im Alltag angekommen. Konnte mir nicht vorstellen, dass ich mal wieder was für Gott reiße, geschweige denn was von ihm erwarte, ihm vertrauen kann.

Gewisse Wunden und Schmerzen sind immer noch da. Aber die Wiederherstellung ging wesentlich schneller... und dauert noch an.

Ich will dir Mut machen, dass es schneller gehen kann. Sicherlich wird es nicht mehr so wie es war...

Trotzdem... The best is yet to come.

Ein Satz, den ich früher immer gesagt habe... und irgendwann mir abgewöhnt habe. Aber er stimmt trotzdem.

Ich bete immer noch für dich! Und der Tröster, der wunderbare Heilige Geist, ist sowieso da.

God bless U so much!
Jocky

Arno hat gesagt…

Hey Kim,

schade das man sich per internet noch nicht knuddeln kann, aber mach einfach die Augen zu und stells dir vor. Wir vermissen euch.
viel Liebe und Grüße
aus Kanadien

Dani, Arno, Lena & Levi

Anonym hat gesagt…

kim, ich drück ganz doll!!!
katharina

Anonym hat gesagt…

Liebe Kim, fühl Dich ganz herzlich gedrückt, denk an Dich, denken an euch........

Martin.D[x]D.nitraM hat gesagt…

Ich würde dich auch gerne umarmen, kleine Schwester Kim!
Das ist alles echt so grausam.
Zeit ist auch kein liebevoller Schmerzenheiler. Und das warten auf den Tag, wo es besser wird, kann sich ewig anfühlen.
Gut zu wissen, dass Du deinen Mann hast und ein paar nette Freunde in der Stadt und auch deine Ma und natürlich auch, deinen Jesus.

Mir liegen auch viele "Weise"-Worte auf den Lippen, von Wüstenzeiten und Hoffnung, aber ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass Dich das wirklich trösten würde.

So bleibt mir nur, meine Anteilnahme auszudrücken, dass ich mit dir weine, wütend und traurig bin.

Dein Martin